
Emre Akalin
Nr.: 777
Während der Erstarrung von Stahl kommt es auf mikroskopischer Ebene zur Anreicherung von Legierungselementen in der Restschmelze. Dieses Phänomen, auch Mikroseigerung genannt, ist naturgegeben und kann unter Prozessbedingungen üblicher Gießverfahren nur limitiert beeinflusst werden. Nahe der Solidustemperatur bestehen aufgrund der Mikroseigerung flüssige Filme entlang der Primärkorngrenzen, unter Einwirkung externer und interner Zugspannungen können dadurch Heißrisse bzw. Heißrissseigerungen entstehen. Die Vorhersage kritischer Bedingungen im Gießprozess ist daher unumgänglich und wird in der modernen Stahlherstellung unter Berücksichtigung experimenteller Untersuchungen, numerischer Erstarrungssimulation als auch Prozessdatenanalytik gewährleistet.
Am Lehrstuhl für Eisen- und Stahlmetallurgie wurde ein weltweit einzigartiger in situ Heißzugversuch entwickelt, der die Beurteilung der Heißrissneigung von Stahllegierungen unter stranggießähnlichen Bedingungen ermöglicht. Im Rahmen dieser Arbeit wird eine Legierung, welche bei voestalpine Stahl Linz GmbH im Stranggießverfahren zu Brammen vergossen wird, experimentell mittels Submerged-Split-Chill-Tensile (SSCT)-Versuch charakterisiert. Die Ergebnisse werden im Anschluss metallographisch analysiert und mittels computergestützter Simulation unter Anwendung eines Heißrisskritieriums interpretiert. Die numerische Simulation erfolgt sowohl in einem in-house Erstarrungsmodell als auch mit der software MAGMASOFT. In letzterer wird ein im Projekt entwickeltes, thermo-mechanisches Modell verwendet, um die mechanischen und thermischen Messdaten während des Versuchs abzubilden. Zusätzlich soll ein Heißrisskriterium im post-processing implementiert werden und die Anwendung auf die Rissposition und Beurteilung der kritischen Dehnung evaluiert werden.
Parallel werden vom Industriepartner Prozessdaten (Kühltabellen, chemische Analyse, Analgenkonfiguration, Messung des Rollenversatzes) und Brammenproben zu Verfügung gestellt und der Gießprozess ebenfalls mathematisch in der in-house software abgebildet. Die Kombination aus Experiment, Mikrostrukturanalyse, numerischer Simulation und umfangreicher Beurteilung von Betriebsdaten erlaubt es, einen hybriden Ansatz zu entwickeln, um die Ergebnisse aus dem Labormaßstab mit Beobachtungen des realen Prozesses abzugleichen und zu transferieren.
Ziel dieser Masterarbeit ist es, diesen hybriden Ansatz für eine ausgewählte Fallstudie kritisch zu beurteilen, um eine standardisierte Analyse von unterschiedlichen Gießprozess (Stranggießverfahren und Formenguss) zu entwickeln.
Industry Partners


Advisors

Christian Bernhard
Ao.Univ.-Prof. Dipl.-Ing. Dr.mont.Vice-Head of Institute - Secondary Metallurgy and Casting

Michael Bernhard
Dipl.-Ing. Dr.mont.Thermodynamics of Steels

